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Zeller van Almsick
curated by Camille Regli

Adresse
Franz-Josefs-Kai 3/ TOP 16, 3.OG
1010 Wien

Barrierefreiheit
not barrier-free

Kurator*innen
Camille Regli
Camille Regli
CV

Camille Regli ist eine unabhängige Kuratorin mit Sitz in Zürich und Biel/Bienne, Schweiz. Während ihrer Zeit in London arbeitete sie mit Galerien wie der Lisson Gallery, Richard Saltoun und Luxembourg & Dayan sowie mit Institutionen wie dem Schweizer Pavillon auf der Biennale von Venedig, der Biennale von Istanbul und dem Centre d'art contemporain Genève zusammen. Im Jahr 2020 war sie Mitbegründerin des Zentrums für zeitgenössische Kunst KRONE COURONNE in Biel, das sie bis heute leitet und mitverwaltet. Ihre kuratorische Arbeit ist geprägt von einem anhaltenden Interesse an der Performativität von Körpern und Räumen, Theatralität und der Verwendung von spekulativer Fiktion und feministischen Lesarten, um die Reflexion herauszufordern und die kollektive Imagination zu fördern. Sie hat Ausstellungen mit dem Kuratorenkollektiv Collectif Détente kuratiert und mit Institutionen wie der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, dem Kunsthaus Biel/Centre d'art Bienne und der Stadt Genf zusammengearbeitet. Im Jahr 2023-24 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Klasse „Art Fundamentals“ an der School of Architecture der EPFL in Lausanne. Zuletzt war sie 2025 als Sektionskuratorin an der Kunstmesse STAGE Bregenz eingeladen.


Künstler*innen
Giulia Essyad
Giulia Essyad



© Antoine Berchier

It’s Supposed to be Simple, But I’m Not

Ich liege im Bett, das Handy in der Hand. Es ist 23:20 Uhr, eigentlich sollte ich langsam einschlafen. Fast automatisch aktualisiere ich meine E-Mails – vielleicht eine Benachrichtigung? In Wahrheit will ich um diese Uhrzeit gar nichts mehr lesen. Ich drifte in andere Apps, in denen ein Strom von Posts gleichzeitig völlig belanglos und unerträglich bedeutungsvoll wirkt – zum Erbrechen, entmenschlichend. Angeekelt – aber noch immer regungslos – denke ich daran, mich sichtbar aktiv zu zeigen, mein „gutes Gewissen“ zu demonstrieren. Und frage mich zugleich, ob dieser vermeintlich tugendhafte Impuls nicht in Wahrheit eine passive Geste ist – oder ein verwirrter, freiwilliger Nicht-Akt. Gibt es keinen anderen kollektiven Weg der Teilhabe als durch Posts und 10-Sekunden-Videos? Denke ich zu viel? Es ist kompliziert. Wie auch immer – es ist spät, 23:57 Uhr. Ich stelle meinen Wecker, schalte mein kleines DOB-Radio ein und schlafe ein – begleitet von einer weiteren Runde schrecklicher Nachrichten.

Schon in den 1980er-Jahren warnte Jean Baudrillard vor der wachsenden Macht der Bilder: Sie repräsentieren nicht mehr nur die Wirklichkeit – sie produzieren sie. Postmodernes Denken zerbrach universelle Gewissheiten, die einst Denksysteme und Machtstrukturen formten, und ebnete den Weg für Pluralität und die Dekonstruktion von Wissen. Doch mit der Zeit hinterließ es ein ideologisches und politisches Vakuum, in dem wenig greifbar oder mobilisierend erscheint. Heute wird das Wort Simulacrum auf alles Mögliche geklebt: Deepfakes, digitale Animationen, synthetische Welten. Das „Reale“ hält kaum stand, bevor es ins Digitale übergeht.

Inspiriert von Hito Steyerls aktuellem Buch Medium Hot (2025) – in dem sie die Geschwindigkeit und Viralität von Bildern untersucht und die ethischen, politischen und ökologischen Folgen von künstlicher Intelligenz beleuchtet – frage ich mich: Während die Demokratisierung des Internets in den 1990er- und 2000er-Jahren geholfen hat, festgefahrene Hegemonien zu erschüttern und marginalisierten sowie unsichtbar gemachten Communities eine Stimme zu geben, hat sie auch eine übersättigte Realität geschaffen – ohne bleibende Wirkung. Bilder vermehren, wiederholen, vervielfältigen sich. Alles wirkt dringlich, aber nichts bleibt. Das ist kein Ruf nach absoluten Wahrheiten, sondern ein Wunsch, wieder Handlungsspielraum zu gewinnen – in der Nutzung von Technologien und damit auch in der Gestaltung von Identitäten, Körpern, Materialität und erweiterten Vorstellungen vom Lebendigen. Die französische Philosophin Catherine Malabou plädiert für den Begriff der Plastizität statt für den des Simulacrums. Für sie entstehen Subjektivitäten durch Brüche, Formbarkeit und Transformation. Wie also können wir wieder Kontrolle über eine technologische Maschinerie gewinnen, die uns zu übersteigen scheint? Vielleicht liegt in der Fragmentierung nicht Auflösung, sondern ein Ort der Resilienz und Handlung.

Es ist nicht einfach – aber ich bin es auch nicht.

Die Ausstellung It’s Supposed to be Simple, But I’m Not bei Zeller van Almsick versammelt Künstler:innen, die untersuchen, wie Bildtechnologien das heutige Leben durchdringen und formen. Inmitten der Ambivalenz einer hypervernetzten Realität schaffen ihre Werke Räume des Widerstands und stellen unser Verhältnis zum Selbst, zum Körper und zur sozialen Rollenperformanz infrage. In Medien wie Video, Fotografie, Skulptur und Malerei absorbieren und stören sie visuelle Muster, um kritisch mit Form und Botschaft zu arbeiten.

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Events

Media

Bilder

Minda Andrén, Long inhale, long exhale, 2025.
Photo: © Simon Veres. Courtesy the artist, Zeller van Almsick
Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė, Enclosure (Lower Bound of the Landscape) I-VIII,  2023.
Photo: © Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė, Kunsthaus Baselland, 2024. Courtesy the artists
Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė, Enclosure (Lower Bound of the Landscape) I-VIII
Photo: © Gina Folly, Swiss Art Awards, Basel 2023. Courtesy the artists
Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė, Yield II, 2021.
Photo: © Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė, Centre Georges Pompidou, Paris 2023. Courtesy the artists
Jiajia Zhang, Untitled (After Love), 2021, still shot, HD Video.
Courtesy the artist
Jiajia Zhang, Untitled (After Love), 2021, still shot, HD Video.
Courtesy the artist
Pipilotti Rist, I’m Not The Girl Who Misses Much, 1986.
Collection du Fonds d’art contemporain de la Ville de Genève (FMAC)
Pipilotti Rist, Pickelporno, 1992.
Collection du Fonds d’art contemporain de la Ville de Genève (FMAC)
Pipilotti Rist, Pickelporno, 1992.
Collection du Fonds d’art contemporain de la Ville de Genève (FMAC)
Jiajia Zhang, Who is she? (a mime, a communist, a student protester), 2024.
Photocredit: © Useful Art Services
Josèfa Ntjam, Mélas de Satune, poster, 2020.
Courtesy Studio Josèfa Ntjam.